Häufig reagieren Menschen im Affekt ablehnend, wenn es um das Thema Veränderung geht. "Warum kann nicht alles so bleiben wie es ist, so hat es doch schon immer funktioniert." "Warum muss es jetzt schon wieder etwas Neues geben, das hatten wir doch alles schon?" Dies sind nur einige Beispiele für Reaktionen, die wir bei unserer Arbeit erleben. Strebt man also Veränderungen an (egal ob privat oder als Unternehmen), sollte das erste Ziel darin bestehen, eine Veränderungsbereitschaft, durch den Abbau von Ängsten zu erzeugen. Schließlich bedeutet jede Veränderung die Aufgabe von liebgewonnenen Gewohnheiten. Der innere Widerstand dagegen ist eine nur allzu menschliche Eigenschaft (Best & Weth, 2003). „Besonders wichtig ist die Akzeptanz von emotionalen Entscheidungen, da Menschen eine Entscheidung in der Regel zunächst emotional treffen und sie erst danach rational begründen“ (Schiava & Rees,1999, S.199).
Welche Vorbehalte existieren und wie kann man sie klassifizieren?
Die Gründe für derartige Widerstände sind vielfältig und sicherlich bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. Im Wesentlichen lassen sie sich in zwei verschiedene Gruppen unterteilen:
- Persönliche Faktoren: Darunter fallen Faktoren wie der Erhalt der persönlichen Werte und des Selbstbildes, Sicherung der bekannten Freiheiten und Strukturen in der erlernten Komfortzone, sowie Versagensängste, dass man dem eigenen oder fremden Anspruch nicht gerecht werden kann.
- organisationale Faktoren: Dazu gehören beispielsweise Existenzängste, aufgrund von Änderungen des Arbeitskontextes wie Bezahlungen, Arbeitsweise und -inhalte. Damit einher geht auch das Bedürfnis bestehende Machtstrukturen zu erhalten, um erworbenen Privilegien und Status nicht zu verlieren.
Der entscheidendste Grund für Widerstände ist die Erwartung der Wiederholung bereits gemachter schlechter Erfahrungen und kann aus persönlichen wie organisationalen Faktoren gespeist sein. Menschen mit veränderungsbezogenem Pessimismus häufen sich analog zur steigenden globalen Veränderungsgeschwindigkeit und Quantität der Veränderungsnotwendigkeiten. Daraus resultiert einerseits die gestiegene Fluktuation in den Organisationen und andererseits das Scheitern fast 2/3 der Change Projekte. Da Erlebtes einen höheren subjektiven Wahrheitsgehalt besitzt als Erzähltes, ist die Auslöschung negativer Erfahrungen schwierig und können nur durch positive Erfahrungen in der gleichen Thematik oder eine Umbewertung des Erlebten überspielt werden.
Einstellungsbasierende Ängste führen in aller Regel zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung, denn sie beeinflussen unser Verhalten. Das kennt vermutlich jeder: Wenn man glaubt etwas nicht zu können oder zu schaffen, dann funktioniert es auch nicht. Der Mensch ist blockiert oder verhält sich unterbewusst präventiv ablehnend und im Ergebnis kann die gewohnte Leistung nicht abgerufen werden oder er erhält vom Interaktionspartner unerwünschtes Feedback.
So verhält es sich auch mit einer negativen Einstellung gegenüber Veränderungen, aufgrund von Ängsten oder anderen Vorbehalten: Der Umweltreiz der Veränderung wird unterbewusst negativ bewertet. In der Folge zeigt man Emotionen und Reaktionen, die weitere schlechte Erfahrungen begünstigen bzw. bestehende Vorbehalte bestätigen. Ab diesem Moment ist die Abwärtsspirale kaum noch aufzuhalten und die anfängliche Prophezeiung beginnt sich zu erfüllen..
Fazit: Wie können Unternehmen vorgehen, um diese Prophezeiung zu verhindern?
Der Vorteil an Widerständen liegt darin, dass Sie eine Warnfunktion innehaben, die dem Management Hinweise auf mögliche Risiken oder Gefahren geben (Piderit, 2000). Menschen und somit die MitarbeiterInnen eines Unternehmens sind in der Regel nicht grundsätzlich gegen Veränderungen, sondern lehnen die damit verbundenen negativen Konsequenzen ab. Diese wiederum sind subjektiv für jeden Menschen andere und werden stark durch Erfahrungen, sowie die eigenen Bewertungen auf Basis der persönlichen Überzeugungen geprägt. Das Ziel eines jeden Unternehmens sollte es daher sein, den MitarbeiterInnen eine alternative Bewertung des Reizes zu ermöglichen und sich dabei den persönlichen Werten und Antreibern zu bedienen, um den Nutzen von Veränderungen individuell für jeden attraktiv darzustellen. Dieses konkret und unternehmensspezifisch darzustellen, wirkt vielleicht als große Herausforderung, die wir gern für Sie umsetzbar gestalten.
Die Ankündigung einer grundlegenden Strategie zur Veränderung einer Organisation enthält eine Menge Risikopotential, Widerstände und Ängste zu erzeugen, wenn eine Vielzahl von Komponenten nicht bewusst eingesetzt oder unterlassen werden. Erfahren Sie in unseren nächsten Berichten genaueres zu den verschiedenen Erfolgsfaktoren und den Chancen einer gewinnbringenden Veränderungskultur.
Markus Rußwurm
"Der Artikel fasst sehr gut zusammen, welche zahlreichen Faktoren Widerständen bei Veränderungen im Unternehmen zugrunde liegen können, die dafür verantwortlich sind Veränderungen zu verzögern oder gar unmöglich zu machen. Darüber hinaus zeigt der Artikel schlüssig auf, Widerstände als Chance und wichtige Warnsignale zu betrachten. Diese Sichtweise erlaubt hinter die Fassade der Widerstände zu blicken, um intervenieren zu können. Wenn die Hintergründe erkannt werden – was die MitarbeiterInnen wahrhaftig bewegt – können Widerstände gezielt abgebaut werden und Veränderung im Unternehmen kann gelingen."
Dr. Dipl.-Psych. Kristina Herber (ALP Akademisches Lehrinstitut für Psychologie GmbH)
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